Durch gute Bildung
in eine besser Zukunft

Leitbild Leipziger Modell

Version vom 01.09.2018 des Leipziger Modell – Lebens- und Bildungsraum e.V.

Wohlbefinden

Das gegenwärtige und zukünftige Wohlbefinden der Lernenden und Lernbegleiterauf der körperlichen und psychologischen Ebene ist Grundlage für alle Bildungsprozesse. Das Konzept »Wohlbefinden« erstreckt sich auf die Lebensqualität, die individuellen Entwicklungschancen und die Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe. Deshalb müssen alle Strukturen und Konzepte von Bildungseinrichtungen im Leipziger Modell zu einem gesunden und von positiven Beziehungserfahrungen geprägten Leben beitragen.

Wichtig sind uns Beziehungen auf Augenhöhe, ein würdevoller sowie achtsamer Umgang miteinander, Erfahrungen von Selbstwirksamkeit und positivem Selbstwertgefühl, gesunde Ernährung, altersgemäße und ausreichende körperliche Betätigung. Das daraus erwachsende Verständnis für die eigenen körperlichen und seelischen Prozesse ist die Basis für Resilienz und selbstverantwortliches Handeln. Es befähigt zur freien Entfaltung der Persönlichkeit, ermöglicht ein tieferes Verständnis für die eigene Biografie und findet kreative Wege, die eigenen Ressourcen angemessen auszuschöpfen. Das Leipziger Modell zielt auf die Stärkung des gesunden und sich frei entfaltenden Ich jedes Einzelnen als Impulsgeber für die Gemeinschaft, in der dieses Ich lebt und wirkt.

Bildung der Persönlichkeit

Wir streben die ganzheitliche Bildung von unabhängigen, selbstwirksamen Persönlichkeiten an. Dafür müssen die Lebenswelt und die Angebote für Lernende so gestaltet sein, dass die Lernenden mit ihren Bedürfnissen und ihrer eigenen Wahrnehmung im Mittelpunkt stehen. Dies ist verbunden mit dem Respekt, der Achtung und dem Wissen um die Freiheit des je anderen als Basis auch der eigenen Handlungsfähigkeit. Ein ganzheitliches und nachhaltiges Verständnis natürlicher und gesellschaftlicher Zusammenhänge ist die Basis dafür, sich aus freiem Entschluss heraus gesellschaftlich zu engagieren.

Das ganzheitliche Verständnis der Welt wird anhand konkreter Phänomene undThemen gewonnen, die den Lernenden im Verlauf ihrer Schulzeit begegnen, diesie einbringen oder für die sie sich begeistern können. Auf diese Weise erwächstden Lernenden aus dem Verständnis und nicht aus der Abhängigkeit heraus eineVerbundenheit mit ihrer ureigenen Lebenswelt. Es geht für die Lernenden nichtdarum, sich an absoluten Standards zu messen, sondern ihre individuellenFähigkeiten und Interessen zu entwickeln. Experimentieren, Suchen undScheitern werden als Lernmomente einer fehlerfreundlichen Bildungskulturbegrüßt.

Partizipation

Das Leipziger Modell orientiert sich an den Rechten der Lernenden aufSelbstbestimmung, Mitwirkung und Unterstützung, sowie Schutz. Das bedeutet,dass Strukturen und Prozesse auf aktive Partizipation und Mitverantwortung,Demokratiebildung und die Förderung von Selbstwirksamkeit ausgerichtet sind.Durch den Aufbau und die dynamische Weiterentwicklung demokratischerStrukturen auf allen Ebenen der Bildungseinrichtung wird sichergestellt, dassRegeln und Entscheidungen gemeinsam und konstruktiv in der Gemeinschaft derBildungseinrichtung (Lernende, Lernbegleiter*innen, Mitarbeiter*innen, Eltern)ausgehandelt werden können. Dabei können verschiedene Formendemokratischer Mitwirkung erprobt werden. Entscheidend ist die Vorbildwirkungder Erwachsenen, die das demokratische Selbstverständnis derBildungseinrichtungen nach dem Leipziger Modell authentisch vertreten undvorleben müssen. Inklusive und partizipative, sozialraumorientierte Lernprozessebenötigen auch ein inklusives, partizipatives und sozialraumorientiertes Settingder Führung und Verantwortung.

Lernende bekommen durch ihre Lernbegleiter*innen und die Gemeinschaft soviel Unterstützung und Schutz, wie nötig ist, damit sie ihren Bildungsprozessmehr und mehr eigenverantwortlich gestalten können. Ziel ist die autarkePersönlichkeit, die befähigt ist, Verantwortung für sich und die Gemeinschaft zuübernehmen. Die Lernenden entscheiden entwicklungsgemäß mit Begleitungoder selbständig, welchen Themen und Bereichen sie sich wie lange und inwelcher Form zuwenden wollen. Die Pädagog*innen helfen den Lernenden dabei,Strategien zu entwickeln und sich selbst zu reflektieren, die eigenen Bedürfnissezu erkennen, zu artikulieren und zu verhandeln. Sie haben jedoch nicht dieAufgabe, Lösungen vorzugeben und Lösungsansätze zu bewerten. Die Bewertungergibt sich aus dem Erfolg des Handelns und der Rückwirkung auf denHandelnden.

Inklusiver Lern- und Lebensraum für Alle

Das Leipziger Modell strebt einen barrierefreien Lebens- und Bildungsraum fürAlle an. Das bedeutet, dass im weiten Sinne inklusiv, alters- undgenerationenübergreifend, mehrsprachig und zieldifferent gearbeitet wird. DieVielfalt von Fähigkeiten und Anschauungen, soweit sie mit dem Leitbild vereinbarsind, soll positiv in die Lernprozesse einfließen. Toleranz gegenüber allem Neuemund Fremdem wird sich in solchen Persönlichkeiten heranbilden, die in ihrerKindheit und Jugend Diversität als Bereicherung der eigenen Individualitäterleben durften.

Wichtig sind dafür authentische Bezugspersonen und das Selbstverständnis der Bildungseinrichtungen als Lebensräume. Als solche ermöglichen sie generationsübergreifende gesellschaftliche Beziehungen und garantieren als vergrößerte Bildungsorte hinreichende Vielfalt an Erfahrungsmöglichkeiten. Auf eine Erhöhung der Teilhabe gerichtete Aktivitäten bedürfen einer umfassenden Vernetzung mit ihrer weiteren Umgebung.

Die Prinzipien der Inklusion, der Gemeinschaftsorientierung, der Partizipation spiegeln sich in der Gestaltung, Nutzung und Öffnung der Räumlichkeiten wieder.Grundsätzlich soll ein Lebens-, Lern- und Arbeitsbereich konzipiert werden, der Lernenden wie Lehrenden mit ihren je unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht wird. Inklusion ist eine Aufgabe der Bildungseinrichtungen, der Kommune und der weiteren Lebenswelt.

Verbundenheit mit Welt und Umwelt

Wir wollen Persönlichkeiten bilden, die die Welt verändern und gestalten. Für die Beantwortung und Mitgestaltung gesellschaftlicher und globaler Fragen bedarf eseines reflektierten Verständnisses von Nachhaltigkeit und von lokalen und globalen Zusammenhängen auf ökonomischer, ökologischer, politischer und sozial-kultureller Ebene. Solche Zusammenhänge sind anhand konkreter Beobachtungen, in alltäglichen Gesprächen und in den Projekten bewusst zu machen. Das projektbasierte Lernen bietet immer wieder die Möglichkeit, nachhaltige und globale Themen in den Fokus zu rücken. Ganz wesentlich ist auch die altersgemäße Ermutigung zu und Vorbereitung auf internationalen Austausch.

Die Lernenden in Bildungsreinrichtungen nach dem Leipziger Modell erleben sich als sinnvoller Teil der Gemeinschaft, sie sind in den Lebens- und Sozialraum eingebunden. Lernen findet zu einem großen Teil vor Ort bei Engagement-Partnern, Praktikumsstellen oder im Stadtteil bzw. in der Natur statt – durch die Teilhabe an den sozialen Aktivitäten und durch bewusste Reflexion des eigenen Handelns. Dafür schaffen wir ein lebendiges Netzwerk innerhalb des Quartiers. Die Bildungseinrichtung als Teil einer „Bildungslandschaft“ wird mit ihren räumlichen und ausstattungsmäßigen Ressourcen für den Sozialraum geöffnet.

Innovation & Kreativität

Im Sinne der ganzheitlichen Persönlichkeitsbildung möchten wir es jedem Lernenden ermöglichen, über das Gewohnte hinauszugehen und sich selbst, Dinge und Konzepte immer wieder neu zu erfinden. In einer sich immer schneller verändernden Welt ist die Befähigung zum Umgang mit Ungewissheit wesentliche Voraussetzung für ein gelingendes Leben. Lernen muss deshalb neben dem Umgang mit Normen auch das Ausschöpfen der eigenen Ressourcen in Form von Kreativität, Spontaneität und Improvisationsvermögen umfassen.

Der Aufbau dieser Fähigkeiten erfolgt durch soziokulturelle Bildungsangebote unddurch die didaktischen Prinzipien des phänomenbasierten, prozess- und handlungsorientierten Lernens. Auch der Anspruch der Inklusion im weiteren Sinne schult die Fähigkeit zum Handeln unter Ungewissheit.

Zeitgemäße Bildung in einer Welt, die von Medien und digitalen Systemen durchdrungen ist, muss Medienkompetenz und den kompetenten Umgang mit modernen, insbesondere digitalen, Technologien anstreben. Ein Verständnis von Kommunikation, Information und Algorithmen ist Voraussetzung für kritische Recherche, verantwortungsvolle Mediennutzung und die Einbindung von Technologien in den eigenen Lernprozess als nützliches Werkzeug. Die Lernbegleiter öffnen sich für und informieren sich über neue technologische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Entwicklungen und bringen diese in die konzeptuelle Entwicklung der Bildungsreinrichtungen ein.

Qualitätsmanagement

Das Leipziger Modell sieht vor, dass jede Bildungseinrichtung einen kontinuierlichen Prozess des Austauschs, Feedbacks, der Evaluation und Beratung etabliert. Wir verstehen uns als Laboratorium. Alle Beteiligten können und dürfen experimentieren. Wichtig ist, dass die Prozesse, Erlebnisse und Ergebnisse reflektiert werden. Die dauerhafte Sicherung guter pädagogischer Qualität in der Bildungslandschaft nach dem Leipziger Modell basiert auf einem konzeptuell verankerten Qualitätsmanagement-System, welches interne und externe Beratung und Evaluation ebenso umfasst, wie kontinuierliche, partizipative Konzeptentwicklung und Weiterbildung der Teammitglieder. Eine innovative, zukunftsorientierte und inklusive Bildungslandschaft kann nicht sinnvoll ohne intensive Beratungsprozesse – von der kollegialen Beratung im Team bis hin zur Supervision von außen (und dies nicht nur in Konfliktfällen) – gestaltet und entwickelt werden.

Das Leipziger Modell hat ein besonderes Interesse an einer umfassenden, regelmäßigen, transparenten und öffentlich gemachten Evaluation der Vorgehensweisen und Ergebnisse. Unser Ziel ist es, mit wissenschaftlichen Bildungseinrichtungen zusammenzuarbeiten und Lösungsvorschläge für das öffentliche Bildungssystem zu entwickeln.

leitbild_des_lemo_e.v._final-1.pdf
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